Iv
Vorwort ;ur Weiten Auflage.
^!ach Plan und Anlage ist die „Vaterländische Geschichte" in der neuen Auflage unverändert geblieben; nur in der Form wurde vielfach gebessert und der Inhalt aufs neue genau geprüft. Die Kritik hat sich in den weitaus überwiegenden Fällen durchaus anerkennend geäußert, wofür ich mich zu besonderem Danke verpflichtet fühle. In einem Falle wurden Wünsche auf eine anbere Stoffanordnung laut; ihre Berücksichtigung ist jeboch unmöglich. Daß zunächst das Kulturhistorische mit der politischen Geschichte auch im ersten Teile überall zu verweben ist, habe ich im Vorwort zur ersten Auslage (S. Iii Z. 8 u. ff) entschieden betont. Bei genauer Prüfung wird man ftnben, daß ich im Texte die Stellen kennzeichne, wo die (Singlieberung vorteilhaft erfolgen kann (S. 53 Rittertum. S. 58 Hansa; Feme 2c.). Lose Aneinanber-reihung wirb kein Sachkunbiger befürworten. Erfolgte aber im Geschichtsbuche die vollstänbige Verwebung der Stoffe, so müßten wegen Raummangels die Zusammenfassungen am Schlüsse fortfallen. Damit ginge inbes alle Übersichtlichkeit verloren, und diese gcrabe wünschen alle, die das Buch in der Praxis gebrauchen. — Die Eingliederung der braubenburgischen Geschichte in die beutfche erfolgt ferner am besten währenb und unmittelbar nach der Darstellung der letzteren. Darauf verweisen die betreffenden Andeutungen S. 77, 2. Abschnitt, S. 80, 2. Abschnitt, S. 81, 1. Abschnitt. Es empfiehlt sich demnach, wie ich gleichfalls schon hervorhob (S. S. Ii. oben), die Einreihung noch in derselben Klasse zu vollziehen. Als Zusammenfassung des im Unterrichte bereits Gebotenen ist meine Darstellung von der Kritik sonst stets aufgefaßt und wegen der liebersichtlichfeit und sprachlichen Schönheit vielfach gerühmt worden. — Zu einer weiteren Beschränkung der
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Uorwort zur ersten Auflage.
D'xt Meinungen der Pädagogen über den Wert eines Hilfsbuches Leim Geschichtsunterricht sind geteilt. Während die einen für ein Merkbuch oder für Geschichtstabellen, die anderen für einen möglichst knapp gefaßten oder mehr ausgeführten Leitfaden eintreten, macht sich in der neueren Zeit — unbeschadet des mustergültigen Vorerzählens beim Unterrichte — eine Richtung geltend, die dem Schüler ein anschaulich-erzählendes Lesebuch in die Hand geben will. Die von Dörpfeld dafür angedeuteten Gründe sind zu bekannt, als daß sie der Unterzeichnete an dieser Stelle wiederholen dürfte. Auch er ist der Ansicht, daß ein historisches Lehr-und Lesebuch, welches den Stoff in möglichst ansprechender, anschaulich erzählender Form behandelt, in der Hand des Schülers am zweckdienlichsten ^ist. Leider stehen der vollen Durchführung des Gedankens die Herstellungskosten eines solchen Buches hindernd im Wege. Wenn sich auch die Schüler und Schülerinnen gehobener Volksschuleu gern in den Besitz eines die vaterländische Geschichte erzählenden Buches, das seinen Wert fürs ganze Leben behält, setzen werden, so muß doch sein Preis ein möglichst niedriger sein. Der Unterzeichnete hofft, der Erfüllung der Idee so nahe wie möglich gekommen zu sein. Jeden Wink zur Verbesserung des Buches wird er stets dankbar entgegennehmen.
In Hinsicht auf den Inhalt wurde alles, was nur das Gedächtnis belastet, ohne auf Gemüt und Willen zu wirken oder das Nachdenken anzuregen, ferngehalten. Zwischen den beiden sich gegenwärtig noch bekämpfenden Momenten — dem nationalen und dem kulturellen — wurde ein Ausgleich angebahnt und dahin gestrebt, jedes zu seinem Rechte kommen zu lafseu.
Das Ganze ist für einen dreijährigen Kursus berechnet. Bei siebenklassigen Volksschulen z. B. werden die mit einem f versehenen Abschnitte im 5. Schuljahr (Iii. Klasse) behandelt, während die beiden letzten Jahrgänge sich in den übrigen Stoff teilen. Die vor-
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letzte Klasse kann etwa soweit geführt werden, daß noch die Eingliederung der brandenburgischen Geschichte in die deutsche erfolgt. Der abschließende Kursus beginnt nach einem Rückblick mit der Geschichte des Herzogtums Preußen und führt die Schüler bis zur Gegenwart. Mit letzterer wird nach der ersten Einführung in der Iv. Klasse (bei der siebenstufigen Schule) am besten überall begonnen, damit eine stete Bezugnahme ermöglicht wird. — Bei einer sechsmaligen Schule entfallen die gekreuzten Kapitel auf die Ii. Klasse. Die Geschichtsstoffe, die für die erste Klasse verbleiben, müssen wenigstens auf drei Semester verteilt, einzelne Partien können gekürzt oder ganz übergangen werden.
Geschichts- und Charakterbilder, wie sie sich seit Grube in die Praxis einbürgerten, haben für die unteren Stufen auch jetzt noch ihre volle Berechtigung, sie bilden hier die angemessenste Form der Darbietung. Der Behauptung, durch diese bruchstückweise Behandlung des Stoffes werde der natürliche Zusammenhang der Thatsachen zerrissen und der Schüler könne kein rechtes Verständnis von irgend einer Geschichtsperiode bekommen, wird dadurch die Spitze abgebrochen, daß wir in dem abschließenden Kursus für die Herbeiführung dieser durchaus notwendigen Verknüpfung Sorge tragen. Um beim Kinde das Verständnis seiner Zeit zu vermitteln, ist es nötig, es nunmehr die einzelnen Stufen der Entwickelung seines Volkes durchlaufen zu lassen und sie ihm zum Bewußtsein zu führen. ^ Man verlangt vom künftigen Staatsbürger, daß er das Ch'fo seiner Nation achte und liebe, ja zur organischen Weiterentwickelung im kleinen Kreise beitrage, er muß daher erfahren, wie sich die gegenwärtigen Zustände herausgebildet haben, wie der heutige Kulturgrad erreicht worden ist durch das einmütige Zusammenwirken der maßgebenden Faktoren: durch das redliche Bemühen und die stete Fürsorge edler Fürsten und das Vorwärtsstreben und unablässige Ringen des gesamten Volkes unter Führung einzelner großen Söhne, die die Zeit gebar. Eiu einheitlicher Mittelpunkt beherrscht dabei den gesamten Unterricht: es ist das stets zu berücksichtigende nationale Moment. Auch die sittlichen und religiösen Ideen, die die Zeit mit ihren Repräsentanten beherrschen, müssen jetzt, dem gereisteren Verständnis und den erhöhten Fähigkeiten entsprechend, mehr als bisher hervortreten, damit sie veredelnd auf die Kinder wirken. Zwar wird man auch hier nur das Charakteristische der einzelnen Entwickelungsperioden bieten dürfen, mag es sich nun als Fortschritt, Stillstand oder Rückgang kennzeichnen. Allein, wenn
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Entwürfe gemacht und nach der Rückkehr in die Heimat ausgeführt. Die Dichtkunst erhielt neue Stoffe und Formen. Die Heldenthaten der Kreuzfahrer wurden von Minnesängern in ihren Liedern gefeiert. — Alle Stände, nicht nur die damaligen Vertreter der Wissenschaft (Priester und Mönche) und der Dichtkunst (Ritter), er-hielten Anregung und Förderung. Auch im Bürgerstande regte sich bei den gesteigerten Ansprüchen des Lebens das Streben nach höherer Bildung, deshalb wurden in den Städten Schulen eingerichtet, in denen das Wichtigste fürs Leben — Lesen, Schreiben, Rechnen — gelehrt und gelernt wurde.
3. Haudel und Gewerbe nahmen durch die Verbindung mit dem Morgenlande einen lebhaften Aufschwung. Das Morgenland (Arabien, Indien) war reich an Erzeugnissen aller Art, die im Abendlande nicht hervorgebracht werden konnten (z. B. an Zucker, Kaffee, Reis, Gewürzen, Edelsteinen, Teppichen, seidenen und wollenen Geweben, pelzen, Holzarten). Nachdem sie die Abendländer kennen gelernt hatten, war es ganz natürlich, daß sie sehr begehrt wurden. Nur auf dem Wege des Handels konnten sie gewonnen werden. Dagegen bezog das Morgenland vom Abendlande allerlei Erzeugnisse des Gewerbfleißes (z. B. böhmische Gläser, Nürnberger Kurz- und Spielwaren, sächsische Tuche, Bernstein von der preußischen Ostseeküste). ^ So entwickelte sich ein lebhafter Verkehr, der dnrch die italienischen Städte (Genua, Venedig it. ct.) vermittelt wurde. Weiter nach Norden ging der Handel über Straßburg. Augsburg, Ulm, Regeusburg 2c. Deutschland war Durchgaugsland für den Handel mit den nordischen Völkern. Der Reichtum und die Macht mancher Städte wurde sprichwörtlich. (Später entstand das geflügelte Wort: „Nürnberger Witz, Straßburger Geschütz, Venediger Macht, Augsburger Pracht, Ulmer Geld regiert die Welt.")
4. Durch die Einfuhr und der: Gebrauch jener Erzeugnisse wurde eiue große Veränderung in der bisherigen Lebensweise herbeigeführt. Weil die Bürger durch deu Handel Geld in die Hände bekamen, konnten sie sich das Leben angenehm machen (z. B. die Stubeu mit kostbaren Möbeln, Teppichen, Tapeten und Bildern schmücken). Die Gewerbtreibenden fanden daher leicht Absatz für ihre Erzeugnisse, für die auch im Morgenlande die Nachfrage zunahm.
_ 5- Die Hebung des Bauernstandes knüpfte sich an die päpstliche Bestimmung, daß durch die Teilnahme an dem Kreuzzuge die Befreiung von der Hörigkeit erlangt wurde. Auch der Tod ihres Herrn auf der „lieben Reise" setzte die Bauern vielfach in Freiheit. Die
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Extrahierte Ortsnamen: Indien Genua Venedig Ulm Regeusburg Deutschland
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werfen; daher erfolgte 1054 Me Trennung der Kirche in die römisch-und griechisch-katholische. Durch die willensfesten Päpste des Mittelalters und ihren erfolgreichen Kampf gegen das Königtum, sowie durch die Kreuzzüge stieg die Macht des Papsttums auf den höchsten Gipfel. Der Inhaber des päpstlichen Stuhls wurde allgemein als Stellvertreter Christi und als Statthalter Gottes auf Erden angesehen. Bann und „Interdikt", d. i. der Ausschluß einer Stadt oder eines ganzen Landes aus der Kirchengemeinschaft, trugen auch in der Folgezeit dazu bei, die kirchliche Macht aufrechtzuhalteu und zu befestigen. — Abweichungen von der Lehre der Kirche, sogenannte Ketzereien, wurden streng verfolgt; seit dem 13. Jahrhundert bestand zu diesem Zwecke eine besondere Behörde, die Inquisition. Ihr verfielen auch die Personen, die angeklagt wurden, ein Bündnis mit dem Teufel eingegangen zu sein, um in den Besitz übernatürlicher Kräfte zu gelangen. Eine Unzahl Unschuldiger wurde als Zauberer oder als Hexen mit den ungerechtesten Strafen belegt. Durch Erregung körperlicher Schmerzen mittelst der Folter oder Tortur suchte man von den Angeschuldigten Geständnisse zu erpressen. Zunächst wurden die Folterwerkzeuge (Schraubstock, spanischer Stiefel, spanischer Bock 2c.) vorgelegt und erklärt. Niemand sollte nach einer späteren Verordnung ohne hinreichende Verdachtsgründe gefoltert werden. Das Geständnis sollte nicht während der Tortur, sondern nach ihr zu Protokoll gegeben und nach einigen Tagen vor besetztem Gericht wiederholt werden. Doch durften die grausamen Folterqualen fortgesetzt, gesteigert und erneuert werden, wenn der Geängstigte sein Geständnis widerrief. Am wenigsten fand die Tortur in den nördlichen Ländern Eingang. Erst seit Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde sie abgeschafft; den Anfang machte Preußen (1740), den Schluß Hannover (1840).
2. Die Klöster. Das Klosterwesen hatte sich aus dem Einsiedlerleben im Morgenlande herausgebildet. Aufaugs hingen die Mönchsund Nonnenklöster unter sich eng zusammen, später wurden sie getrennt und entwickelten sich selbständig. Im Abendlande erfuhr das Klosterwesen durch den Abt Benedikt von Nursia, der 529 das Kloster Monte Casino in Unteritalien gegründet hatte, eine völlige Umgestaltung und Erneuerung. Setzten sich bisher die Mönche die Aufgabe, eiu zurückgezogenes, beschauliches Dasein zu führen, so wurde ihnen von uuu an daneben Arbeit und Wirken im Dienste des Ordens zur Pflicht gemacht.
Jeder, der sich entschloß, ins Kloster zu gehen, mußte nach einer einjährigen Prüfungszeit das dreifache Mönchsgelübde des Gehorsams
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Extrahierte Personennamen: Benedikt_von_Nursia
Extrahierte Ortsnamen: Christi Morgenlande Unteritalien
von den sehr teuren geschriebenen Büchern kaufen konnte, war ganz auf die mündliche Mitteilung angewiesen. Wissenschaftliche Bildung konnte man allein in den Klosterschulen und auf den seit der Mitte des 14. Jahrhunderts eingerichteten Hochschulen erlangen. Eine Wendung zum Besseren konnte nur dann eintreten, wenn es glückte, die Bücher billiger herzustellen. Mit der Lösung der schwierigen Aufgabe, geschriebene Worte iu kurzer Zeit und mit leichter Mühe bis zu tauseud Malen zu vervielfältigen, beschäftigte sich um 1440 unablässig ein aus Mainz gebürtiger Bürger Straßburgs — Johann Gutenberg.
Allgemein bekannt war, daß man Bilder durch dieholzschneideknnst vervielfachen konnte. Man schnitt sie auf hölzerne Tafeln, überzog die Oberfläche mit Schwärze und druckte sie auf Papier ab. Auch ganze Schriftzeilen schnitzte man in Holz, um sie mit den Bildern abzudrucken. An diese bekannten Thatsachen lehnten sich Gntenbergs Versuche, ganze Bücher zu drucken, an. Er begann damit, ganze Seiten einzuschneiden und zu vervielfältigen. Allein dies Verfahren war zu kostspielig. War eine Seite ausreichend vervielfacht oder waren nur einige Schriftzeichen davon verdorben, so war die ganze Holztafel unbrauchbar geworden. Guteuberg schnitt daher die Zeichen an der Spitze hölzerner Stäbchen aus und verband die bucheneu Stäbchen untereinander. (Nach ihnen heißen unsere Lautzeichen Buchstaben?) Bald erkannte er jedoch, daß er auch auf diesem Wege nicht zum Ziele gelange, da das wenig widerstandsfähige Material leicht zerbrach und der Druck undeutlich wurde. Er begauu daher die Schriftzeichen (Typen, Lettern) in Formen (Matrizen) zu gießen. Die Typen aus Blei waren zu weich, die aus Eisen zu hart, so daß sie beim Drucken das Papier zerrissen. Dem Verfahren hafteten also noch Mängel an.
Die bisherigen Verbesserungsversuche hatten Gutenbergs ganzes Vermögen verschlungen. Nach Mainz zurückgekehrt, verbaud er sich mit einem reichen Manne Samens Faust, der ihm unter schweren Bedingungen das Geld zur Beschaffung der Druckergeräte vorstreckte. Er führte ihm in Schöffer auch einen geschickten, kunstfertigen Gehilfen zu, dem es gelang, eine Mischung aus Zinn und Blei herzustellen, deren Härtegrad für die Lettern gerade geeignet war. Schöffer erfand noch eine aus Kienruß und Leinöl bereitete brauchbare Druckerschwärze und Gutenberg die Druckerpresse. Zuerst wurden kleine Gebet- u. a. Bücher gedruckt und verkauft, endlich ging man an die Herstellung der lateinischen Bibel. Mitten in der besten Arbeit traf
*) Auch die „Runen" waren in Buchenstäbchen geritzt.
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Extrahierte Personennamen: Johann_Gutenberg Johann Gntenbergs Guteuberg Schöffer
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Die Führer waren jung und hatten unter Napoleons Leitung reiche Erfahrungen gemacht; das Heer war ein Vokksheer, es bestand aus der goldenen Jugend Frankreichs. Im Hinblick auf den Stillstand seit Friedrichs Tode sagte bekümmert die Königin Luise: „Wir sind mit der Zeit nicht fortgeschritten, darum überholt sie uns, wir siud auf den Lorbeern Friedrichs eingeschlafen".
4. Auch das Volk war nicht schuldlos. Unthätig und betäubt saheu Bürger und Bauern dem Zusammenbruch ihres Staates zu. Wie ganz anders hatten sich die märkischen Baueru beim Einfall der Schweden zur Zeit des großen Kurfürsten und des großen Friedrich gezeigt! Jetzt waren sie gewöhnt, daß ihnen ihr Verhalten von obenher 'vorgeschrieben wurde. Auf sich selbst gestellt, erschien ihnen in der Verwirrung nirgends eine Rettung, nirgends ein Ausweg.
Das Verhalten der Bauern und Bürger findet seine Begründung in ihrer damaligen Lage. Die Bauern waren fast durchgängig dem Adel erbunterthänig, sie befanden sich im Zustand der Unfreiheit und hatten daher keinen Sinn für das Wohl und Wehe des Ganzen. Sie gehörten zum Gute des Edelmannes; ihm, dem Gutsherrn, mußten sie Frondienste und Lieferungen an Geld und Feldfrüchten leisten. Wenn der Gutsherr den Hos verkaufte, so erhielt auch der Bauer einen neuen, fremden Herrn. Mit Lasten überbürdet, ohne Hoffnung sich emporzuarbeiten, geriet er in Gleichgültigkeit, ja in Stumpfsinn. — In den Städten fehlte der echte Bürg ersinn. Die Bürger litten unter dem Drucke einer Obrigkeit, die unter ihnen fremd war. Sie war von der Regierung eingesetzt; der Bürger hatte nur zu gehorchen. Er nahm nicht teil an der Verwaltung seiner Angelegenheiten. Die natürliche Folge war, daß ihm die Liebe zu seiner Stadt und die Sorge, ihr Wohl zu fördern, fehlte. Richtig erkannte Stein den Grund, weshalb 1806 der gesunde Geist des Volkes, der Gut und Blut für die Rettuug des Vaterlandes einsetzt, fehlte, darin, daß man die Staatsbürger nicht wie freie, gereifte Männer, sondern wie Unmündige behandelt und bis ins Kleinste bevormundet hatte. Mit der richtigen Erkenntnis war auch der Weg zur Abhilfe gewiesen. Zu Rußlands Kaiserin, die den deutschen Volksgeist tadelte, hatte Stein gesagt: ^Nicht das Volk war schuld, man wußte es nur nicht zu gebrauchen." ^nt Bunde mit Scharnhorst, Hardenberg und anderen großen Männern lehrte er jetzt den König sein Volk gebrauchen, indem er cs so hoch hob, daß es seine Kräfte kennen und verwerten lernte.
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Friedrichs Friedrichs Friedrich Friedrich Hardenberg
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geheure Summen. Zwölf Städte und Hunderte von Dörfern baute er hier auf. Durch Aufnahme der um ihres Glaubens willen vertriebenen Salzburger, die er in Ostpreußen ansiedelte, gewann er Tausende von fleißigen, tüchtigen Arbeitern. — Als der Erzbischof von Salzburg seine evangelischen Unterthanen hart bedrückte, verwandte sich der preußische König für sie. Dadurch wurde es den Auswanderern ermöglicht, ihre Habe mitzunehmen. 17 000 Salzburger fanden bei dem Beschützer eine neue Heimat (1732). Der König empfing sie in Potsdam selbst und versprach ihnen seinen Schutz. In Ostpreußen erhielten sie Land, Baumaterial und Geldunterstützungen. Bald bot die Provinz wieder den Anblick eines gesegneten Landes.
Des Königs segensvolles Wirken und sein hohes Verständnis für praktische Dinge zeigt vor allem die Entwässerung des havelländischen Luchs gegen den Willen der Anwohner. Mit einem Kostenaufwand von mehr als 200 000 Mark wurde das verdienstvolle Werk ausgeführt. Wo sonst nur Sumpsgewächse emporsproßten, wo das Vieh versank und das getrocknete Gras bis zum Eintritt des Winterfrostes stehen bleiben mußte, sah man jetzt die herrlichsten Wiesen und Felder prangen. Auf seinem eigenen Besitztum legte der König das Amt Königshorst an und verband damit eine Musterwirtschaft. Junge Mädchen aus dem ganzen Lande erhielten hier Unterricht in der Butter- und Käsebereitung nach holländischer Weise, zugleich wurden sie in der Hanshaltung und in der Landwirtschaft unterwiesen.
Die Staatseinkünfte flössen teilweise aus dem Ertrage der Domänen. Um den letzteren zu heben, wurde die bisherige Erbpacht in Zeitpacht umgewandelt. Die Pächter trieben die Pachtsumme gegenseitig in die Höhe. Sie mußte durch eiue bessere Bewirtschaftung des Bodens aufgebracht werden. Der König achtete selbst darauf, daß die Güter gut bewirtschaftet und die Pachtgelder pünktlich bezahlt wurden.
Die Haupteimtahme des Staates floß aus den Steuern. Ohne Auferlegung neuer Abgaben war die Erhaltung des großen Heeres unmöglich. Vermehrt wurde ihr Ertrag ferner durch eine bessere Verteilung. Durch Einführung der indirekten Steuern hatte schon der große Kurfürst die Vorrechte des Adels durchbrochen. Friedrich Wilhelm verlangte von allen Grundbesitzern, also auch von dem Adel, eine der Ausdehnung ihres Besitzes angemessene Abgabe. Alle Waren, die in die Städte gebracht wurden, waren besteuert
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
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Großmachtstellung nach außen zu wahren. Die preußische Armee konnte in Wahrheit als „ein Volk in Waffen" gelten.
6. Die Kriegstüchtigkeit der Armee bedingte nicht nur die Ausbildung des Körpers, sondern auch die des Geistes, welche durch eine strenge Durchführung der allgemeinen Schulpflicht ermöglicht wurde. Schon auf Anregung der Königin Luise gingen junge Schulmänner zu dem berühmten Erzieher Pestalozzi in der Schweiz, um fein Unterrichtsverfahren genau kennen zu lernen. Durch mannigfache Neueinrichtungen erlangte das preußische Schulwesen einen hohen Ruf. Hatten bisher nur zu oft abgedankte Unteroffiziere und notdürftig vorgebildetehandwerker das Erziehungsgeschäft verrichtet, so wurde von nun an auf eine ausreichende Vorbildung der Lehrer gedrungen. Damit hängen die zahlreichen Gründungen von Lehrerbildungsanstalten zusammen.
Wie dem niederen, so wandte die Regierung auch dem höheren Schulwesen ihre Aufmerksamkeit zu. Das Realschulwesen bildete sich weiter aus. In Bonn wurde eine neue Universität gegründet, die Wittenberger mit der Hallenser vereinigt.
7. Während der Kriegszeit hatte sich in dem Gange der Er-eigniffe das Walten des Höchsten im Geschicke der Einzelnen und der Gesamtheit vielfach offenbart. An Stelle des Unglaubens und der Zweifelsucht war eine aufrichtige Frömmigkeit getreten. Was die Vorfahren des Königs vergeblich erstrebt hatten, was er selbst so lebhaft wünschte, das gelang ihm gelegentlich der dreihundertjährigen Jubelfeier der Reformation (31. Oktober 1817): die „Union" oder die Vereinigung der Reformierten und Protestanten zur evangelischen Landeskirche. Wiederholt hatte er es schmerzlich empfunden, daß sich beide Bekenntnisse feindlich gegenüberstanden. Die Eigenart der Glaubenssätze und der kirchlichen Gebräuche blieb unverändert.
8. Aus der Zeit der Not zog die Hauptstadt für die Wissenschaft und die Stadtverwaltung durch Errichtung der Universität und Einführung der Städteordnung reichen Gewinn. An den Freiheitskriegen beteiligte sich die Berliner Bevölkerung voll Begeisterung. Jubelnd wurde das Iorksche Korps aufgenommen. Durch die glorreichen Schlachten bei Großbeeren und Dennewitz ward die Gefahr erneuter Brandschatzung beseitigt. Nach dem Kriege begann die Verschönerung Berlins durch Prachtbauten und Denkmäler. Die Ausführung der bedeutendsten Bauten (das neue Schauspiel haus an Stelle des alten abgebrannten, das alte Museum, die Königsoder Neue Wache, die Schloßbrücke, die Werdersche Kirche u. a.)
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3. Am 1. Januar 1891 trat das Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesetz*) in Kraft. Arbeiter, die durch Abnahme der Kräfte, durch Gebrechen, Krankheit :c. erwerbsunfähig werden und nicht mehr ein Drittel ihres früheren Lohnes verdienen können, erhalten eine Invalidenrente. Vom 70. Jahre ab erhält jeder Beteiligte eine Altersrente, die ihm einen ruhigen Lebensabend sichert. Die Beiträge für die Versicherung sind zu gleichen Teilen vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufzubringen.
Xvii. Gesellschaftliche und staatliche Einrichtungen der Gegenwart.
I. Wnfer Materkand.
1. Das Land, in dem wir geboren sind, in dem unsere Vorfahren gelebt und gewirkt haben, in dem unsere Angehörigen und Freunde uns zur Seite stehen, ist unser Vaterland. Unter seinem Schutze entwickeln wir uns, seine Einrichtungen befördern unsere Erziehung, bieten uns die Vorzüge der Familie und der Gesellschaft. Von gemeinsamen Banden werden alle umschlossen. Die besonderen Eigentümlichkeiten des Vaterlandes, das Leben, die Sitte, die Sprache, die Erinnerung an seine Geschichte, an die Männer, die es groß und stark gemacht haben, beleben das Gefühl der Zusammengehörigkeit aller Bewohner. Die Vaterlandsliebe ist das stärkste Schutzmittel gegen alle dem Vaterlande feindseligen Bestrebungen.
2. Die Staaten bildeten sich aus den Familien, indem diese sich zu Stämmen erweiterten und die gleichartigen Stämme sich zusammenschlossen. Die Stammesverwandtschast zeigt sich in nichts deutlicher als in der Sprache. Der schöne Ausdruck „Muttersprache" bezeichnet die heimatliche Sprache nicht bloß als diejenige, die das Kind zuerst von der Mutter vernimmt, sondern er deutet auch darauf hin, daß sie selbst in einer Art von mütterlicher Beziehung zu uns steht. Sie ist darum das Erkennungszeichen eines Stammes, eines Volkes. Der Deutsche erscheint uns als Stammesverwandter, auch wenn er im Auslande wohnt. Verkehrt ist es und dem unnatürlichen Hasse zweier Brüder vergleichbar, wenn die deutschen Stämme untereinander hadern. Daraus erklärte sich die Sehnsucht aller rechtschaffenen Deutschen nach der Einigung aller deutschen Stämme und ihre Freude über das Gelingen dieses Zieles.
*) Vom 22. Juni 1889.
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